Pflegebedürftig

Aktualisiert 20.06.2024

Was ist jetzt zu tun?

Eine schwere Krankheit, ein Unfall oder einfach das Alter – all das kann dazu führen, dass Sie nicht mehr selbst für sich sorgen können und beim Waschen, Einkaufen, Essen oder bei der medizinischen Versorgung Hilfe brauchen. Mit diesem Problem werden Sie aber nicht allein gelassen. Wenn Sie dauerhaft oder zumindest für sechs Monate Hilfe benötigen, gelten Sie in Deutschland als pflegebedürftig. In diesem Fall haben Sie in der Regel das Recht auf Unterstützung und finanzielle Hilfe durch die Pflegeversicherung.

Was muss ich wissen?

Bin ich pflegeversichert?

Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, muss keinen gesonderten Antrag zur Aufnahme in die Pflegeversicherung stellen. Sie sind also automatisch pflegeversichert, wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind. Dies gilt auch, wenn Sie Leistungen vom Jobcenter oder der Bundesagentur für Arbeit bekommen.

Wenn Sie eine private Krankenversicherung haben, müssen Sie auch eine private Pflegeversicherung abschließen.

Mehr zum Thema Krankenversicherung erfahren Sie in unserem Kapitel "Krankenversicherung".

Wenn Sie Asylbewerberleistungen bekommen, sind Sie nicht pflegeversichert. Sie haben nach §6 AsylbLG aber Anspruch auf Leistungen, die für Ihre Gesundheit unerlässlich sind. Das können auch Pflegekosten sein. Diese Leistungen müssen Sie beim Sozialamt beantragen. Lassen Sie sich beim Antrag von einer Beratungsstelle helfen. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie z.B. auf der Website der Landesflüchtlingsräte.

Was mache ich, wenn ich Pflege benötige?

In diesem Fall sollten Sie sich umgehend beraten lassen. Die Beratung wird Ihnen helfen, nicht nur mit der psychischen Belastung umzugehen, sondern auch die richtige Lösung für Ihren Fall zu finden. Sie erklärt Ihnen die unterschiedlichen Regelungen und welche Schritte nun notwendig sind.

Wenn Sie krankenversichert sind, dann ist Ihre Krankenversicherung der richtige Ansprechpartner. Parallel zu den Krankenkassenbeiträgen zahlt jeder Krankenversicherte automatisch auch einen bestimmten Betrag an die sogenannte Pflegekasse, die pflegebedürftige Menschen unterstützt. Der Träger Ihrer Pflegekasse ist Ihre Krankenversicherung.  Bei den Krankenkassen gibt es unabhängige Pflegeberater*innen, die Sie kostenlos ausführlich beraten. Bei Bedarf kommen die Berater*innen auch zu Ihnen nach Hause. Neben Deutsch bieten einige Beratungsstellen auch Beratungen in anderen Sprachen an. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe zum Thema Pflege können Sie auf zgp.de finden. Sie können auch Ihre Krankenkasse nach einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe fragen.

Sie können sich auch zunächst bei einer Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) beraten lassen. Die Beratung ist ebenfalls kostenlos und die Mitarbeiter*innen dort sprechen verschiedene Sprachen. Eine Migrationsberatung in Ihrer Nähe können Sie unter bamf.de finden.

Ich brauche Unterstützung durch die Pflegekasse. Was muss ich tun?

Um die Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie einen Antrag bei Ihrer Krankenkasse für die Pflegekasse stellen. Diesen Antrag können Sie schriftlich, telefonisch oder per E-Mail stellen. Auf der Website Ihrer Krankenkasse finden Sie in der Regel ein Formular für diesen Zweck. Lassen Sie sich die Zustellung Ihres Antrags bestätigen. Die Pflegekasse hat dann 25 Arbeitstage Zeit, um zu prüfen, ob Unterstützung bei der Pflege notwendig ist und Sie über ihre Entscheidung zu informieren. Für die Prüfung beauftragt die Pflegekasse unabhängige Gutachter*innen, die Sie zuhause besuchen.  

Bitte beachten Sie: Um Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erhalten, müssen Sie in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang Beiträge gezahlt haben.

Wie stellen die Gutachter*innen fest, ob ich pflegebedürftig bin?

Die Gutachter*innen müssen zuallererst einen Termin für ihren Besuch vereinbaren, sie dürfen also nicht einfach unangekündigt erscheinen. Wenn Sie Angehörige oder andere Betreuer*innen haben, sollten diese zu diesem Gespräch ebenfalls anwesend sein. Sie können den Gutachter*innen beschreiben, wo, welche und wieviel Unterstützung ihrer Meinung nach notwendig sind. Halten Sie auch all Ihre ärztlichen Atteste und ähnliches bereit.

Die Gutachter*innen beurteilen während ihres Besuchs wie selbstständig Sie in den folgenden sechs Bereichen sind:

  • Mobilität
  • geistige und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen, wie eigenständige und regelmäßige Einnahme von Medikamenten
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte, z.B. ob die Person ihren Tag selbst planen kann, wie sie mit anderen Menschen interagieren oder sich selbst beschäftigen kann

Aufgrund dieser Punkte wird Ihnen ein „Pflegegrad“ zugeordnet. Es gibt fünf Pflegegrade. Die Pflegegrade sind abgestuft: von geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit (Pflegegrad 1) bis zu schwersten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit (Pflegegrad 5).

Sobald das Gutachten fertig ist, entscheidet die Pflegekasse über Ihren Antrag. Die Entscheidung bekommen Sie per Post zugestellt. Wenn Ihr Antrag abgelehnt wird oder ein zu niedriger Pflegegrad festgestellt wurde, können Sie innerhalb von vier Wochen Einspruch einlegen. Auf pflege.de erfahren Sie auf Deutsch mehr dazu. Hilfe und Beratung finden Sie in einer Beratungsstelle. Eine Beratungsstelle zum Thema Pflege finden Sie auf zqp.de.

Mit dem „Pflegegradrechner“ auf pflege.de können Sie Ihren vermutlichen Pflegegrad bereits vorab oder auch im Nachhinein selbst errechnen.  So können Sie schnell und unkompliziert erfahren, ob Sie bereits als pflegebedürftig gelten und wenn ja, welcher Pflegegrad Ihnen vermutlich zusteht. Der "Pflegegradrechner" ist nur auf Deutsch verfügbar.

Welche Pflegeformen gibt es?

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Formen der Pflege: die pflegebedürftige Person kann ambulant, teilstationär oder stationär betreut werden.

  • Bei der ambulanten Pflege kommt täglich oder mehrmals pro Woche ein ambulanter Pflegedienst zu Ihnen nach Hause und versorgt Sie mit allem Nötigen. Wenn Sie Angehörige haben, die sich um Sie kümmern, können diese die Betreuung entweder vollständig übernehmen oder den Pflegedienst unterstützen. Mehr dazu erfahren Sie im Abschnitt "Können meine Angehörigen die Pflege übernehmen?".
  • Als teilstationäre Pflege wird die Betreuung in einer Pflegeeinrichtung bezeichnet, wenn sie nur zu bestimmten Tageszeiten erfolgt. Teilstationäre Pflege sind meistens Tages- oder Nachtpflegeeinrichtungen. Wenn Sie also grundsätzlich zuhause versorgt werden können, aber dort teilweise allein sind und dazu nicht in der Lage sind, kommt die teilstationäre Pflege in Frage. Dies kann etwa bei Pflegebedürftigen der Fall sein, deren Angehörige tagsüber arbeiten. Oder wenn sich durch eine vorübergehende Erkrankung der Pflegebedarf erhöht.
  • Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der vollstationären Pflege.  In diesem Fall wohnen Sie dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit in einem Pflegeheim. Die vollstationäre Pflege kann in der Regel aber nur in Anspruch genommen werden, wenn die Versorgung der Pflegebedürftigen anders nicht möglich ist.

Alle Formen haben Vor- und Nachteile. Welche für Sie die richtige ist, hängt von Ihrem persönlichen Umfeld und Ihrem Pflegegrad bzw. Ihren finanziellen Möglichkeiten ab. Vor allem die vollstationäre Pflege ist sehr teuer. Generell gilt: Je höher Ihr Pflegegrad, desto mehr Kosten werden von der Pflegeversicherung übernommen. Die Pflegeversicherung übernimmt aber nie alle Kosten.

Sie sollten sich ausführlich beraten lassen welche Leistungen Sie beanspruchen können und welche Möglichkeiten für Sie in Frage kommen. Wenn sich Ihre Situation oder Ihre Bedürfnisse ändern, sollten Sie dies Ihrer Pflegekasse so schnell wie möglich mitteilen. Dann können Ihre Leistungen angepasst werden.

 

Wie finde ich einen guten Pflegedienst oder ein gutes Pflegeheim?

Im Heimverzeichnis können Sie nach einem passenden Pflegeheim suchen. In diesem Verzeichnis finden Sie alle Heime, die sich um besondere Qualität in der Pflege bemühen. Außerdem können Sie auch die Informationsangebote der gesetzlichen Krankenkassen für die Suche nutzen. Mit dem AOK-Pflegenavigator können Sie nach Pflegediensten und Pflegeheimen in Ihrer Nähe suchen.  Auf der Seite pflegelotse.de können Sie  nach Pflegediensten, Pflegeheimen und Beratungsangeboten suchen. Die Checkliste für die Pflegeheimauswahl bzw. die Checkliste für die Pflegedienstauswahl kann Ihnen ebenfalls bei der Auswahl helfen.

Bezahlt die Pflegeversicherung auch Hilfsmittel?

Wenn Hilfsmittel wie z.B. Rollstühle oder Gehhilfen medizinisch notwendig sind, übernimmt die Pflegekasse auch diese Kosten. Wenn Sie ein derartiges Hilfsmittel benötigen, sprechen Sie mit Ihren Ärzt*innen darüber. Die Pflegekasse benötigt ein Rezept dafür.

Für täglich benötigte Hilfsmittel wie Desinfektionsmittel, Handschuhe, etc. bekommen Sie von der Pflegekasse einen finanziellen Zuschuss. Dafür benötigen Sie kein Rezept. Sie müssen lediglich einen Antrag bei der Pflegekasse stellen.

Wie kann ich mich im Pflegefall gegen hohe Kosten absichern?

Die Pflegeversicherung übernimmt meistens nicht alle anfallenden Kosten. Die Mehrkosten müssen dann von den Pflegebedürftigen selbst, ihren Angehörigen oder - bei finanzieller Hilfsbedürftigkeit - vom Sozialamt übernommen werden. Sie können aber vorab eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließen, die im Pflegefall die restlichen Kosten übernimmt. Viele Versicherungsgesellschaften bieten entsprechende Zusatzversicherungen an. Private Pflege-Zusatzversicherungen werden teilweise staatlich bezuschusst. Mehr Informationen zur Eigenvorsorge finden Sie auf Deutsch auf bundesgesundheitsministerium.de.

Wer übernimmt die rechtliche Vertretung, wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann?

Wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, Ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, brauchen Sie eine oder mehrere Personen, die Entscheidungen für Sie treffen. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, macht es Sinn zumindest eine sogenannte Vorsorgevollmacht zu unterschreiben. Darin können Sie regeln, wer für Sie Entscheidungen treffen darf, wenn Sie es nicht mehr selbst können. Mehr dazu erfahren Sie unter pflege.de. Möglicherweise macht es auch Sinn eine Betreuungsverfügung und eine Patientenverfügung zu unterschreiben.

Falls es schon zu spät ist und Sie sich um einen Angehörigen kümmern, der keine Vollmacht ausgestellt hat und dies auch nicht mehr tun kann, können Sie vom Vormundschaftsgericht eine*n Betreuer*in bestimmen lassen. Dazu müssen Sie beim Amtsgericht am Wohnort Ihres Angehörigen einen Betreuungsantrag stellen. Wenn Sie dabei Hilfe brauchen, können Sie sich bei einer Migrationsberatung für Erwachsene dazu beraten lassen. Eine Migrationsberatung in Ihrer Nähe können Sie unter bamf.de finden.

Was kann ich tun, wenn meine Pfleger*innen mich schlecht behandeln?

Wenn Sie schlecht behandelt werden, also z.B. vernachlässigt werden oder Ihre Pfleger*innen gewalttätig sind, können Sie ein Krisentelefon in Ihrer Nähe anrufen. Auf der Website zqp.de können Sie auch nach einer Beratungsstelle vor Ort suchen.

Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es im Bereich Pflege?

Qualifizierte Pflegekräfte werden in Deutschland dringend gesucht. In diesem Bereich gibt es also viele Jobchancen. Mit besonderen Sprachkenntnissen, etwa in Arabisch oder Türkisch, können Sie Ihre Chancen in diesem Bereich noch weiter erhöhen.
Seit Dezember 2023 ist das Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte in Deutschland einfacher geworden. Das gilt zum Beispiel für den Umfang und die Form der Unterlagen, die Sie vorlegen müssen. Zudem gibt es jetzt die Möglichkeit, auf eine umfassende Gleichwertigkeitsprüfung verzichten. Dafür können Sie eine sogenannte Kenntnisprüfung oder einen Anpassungslehrgang machen. Auch wird das Pflegestudium nun als duales Studium angeboten. Und Studierende der Pflege erhalten für die Dauer des Studiums eine angemessene Bezahlung. Wenn Sie in der Pflege arbeiten möchten, können Sie zwischen vielen verschiedenen Ausbildungsberufen und Studiengängen wählen. Zu diesen zählen unter anderem:

Ausbildungen:

  • Altenpflegehelfer/in
  • Altenpfleger/in
  • Anästhesietechnische/r Assistent/in
  • Fachkraft für Haushaltsführung und ambulante Betreuung
  • Fachkraft Pflegeassistenz
  • Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in
  • Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/in
  • Gesundheits- und Krankenpfleger/in
  • Haus- und Familienpfleger/in
  • Hebamme/Entbindungspfleger
  • Heilerziehungspflegehelfer/in
  • Heilerziehungspfleger/in
  • Kaufmann/-frau – Gesundheitswesen
  • Medizinischer Fachangestellter
  • Pflegefachmann*frau/Pflegefachperson
  • Sozialbetreuer
  • Sozialassistent/in
  • Sozialpädagogische/r Assistent/in / Kinderpfleger/in

Studiengänge:

  • Bachelor of Science Duales Studium Pflege
  • Bachelor of Science Gesundheits- und Krankenpflege
  • Bachelor of Science Pflegewissenschaften inkl. Berufsausbildung
  • Bachelor of Arts Pflege inkl. Berufsausbildung

Wichtig

Wenn Sie von Ihren Pfleger*innen schlecht behandelt werden, können Sie das Krisentelefon anrufen. Die Mitarbeiter*innen dort kümmern sich dann um Sie.

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