Das deutsche Wahlsystem
Wie wird gewählt?
Freie Wahlen sind in einer Demokratie unerlässlich. Durch Wahlen können sich alle Bürger*innen ganz einfach am politischen Prozess beteiligen und die Politik mitbestimmen. Die Parteien, die von der Mehrheit der Wähler*innen gewählt werden, dürfen für eine festgelegte Zeit die Regierung bilden. Wenn die Bürger*innen mit der Politik der Regierung unzufrieden sind, können sie diese bei der nächsten Wahl dann wieder abwählen.
Was muss ich wissen?
Was wird gewählt?
In Deutschland gibt es mehrere Wahlen: Bundestagswahlen, Landtagswahlen, Kommunalwahlen und Europawahlen.
- Bei der Bundestagswahl werden die Abgeordneten des Bundestags gewählt. Diese wählen wiederum die / den Bundeskanzler*in.
- Landtagswahlen finden alle fünf Jahre zu verschiedenen Zeiten in den 16 Bundesländern statt. Nur in Bremen wird alle vier Jahre gewählt. Die Parlamente haben unterschiedliche Namen: „Bürgerschaft“ in Hamburg und Bremen, „Abgeordnetenhaus“ in Berlin und in allen anderen Bundesländern „Landtag“.
- Bei der Kommunalwahl werden die politischen Vertreter*innen in Gemeinde- und Stadträten gewählt. Außerdem werden Bürgermeister*innen und Landrät*innen gewählt.
- Bei der Europawahl wird alle fünf Jahre das Europäische Parlament gewählt. Diese Wahl findet in allen EU-Ländern gleichzeitig statt.
Wer darf wählen?
Bei der Bundestagswahl dürfen alle Menschen wählen, die über 18 Jahre alt sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Bei den Landtagswahlen dürfen alle Menschen wählen, die über 18 Jahre alt sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben. In Brandenburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg darf man bereits ab 16 Jahren wählen. Die deutsche Staatsbürgerschaft bleibt eine Voraussetzung.
Bei den Kommunalwahlen dürfen alle deutschen Staatsbürger*innen und EU-Bürger*innen wählen, die seit mehr als drei Monaten in Deutschland leben. Das Mindestalter hängt vom Bundesland ab. In Sachsen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern dürfen nur Personen ab 18 Jahren wählen. In den anderen Bundesländern darf man bei Kommunalwahlen schon ab 16 Jahren wählen.
Bei der Europawahl dürfen alle volljährigen EU-Bürger*innen wählen.
Wer darf gewählt werden?
Gewählt werden darf jeder, der über 18 Jahre alt ist und die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Eine Ausnahme ist die Landtagswahl in Hessen: Wer hier gewählt werden will, muss mindestens 21 Jahre alt sein und die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Wann wird gewählt?
Grundsätzlich werden Wahlen in Deutschland immer sonntags durchgeführt, weil die meisten Leute dann nicht arbeiten und Zeit haben, ins Wahllokal zu gehen. Es gibt aber auch immer die Möglichkeit schon vorab per Briefwahl zu wählen. Die Briefwahl muss beantragt werden. Wie das geht, steht auf der Wahlbenachrichtigung, die alle Wähler*innen einige Wochen vor der jeweiligen Wahl per Post bekommen.
Wie viele Stimmen haben die Wähler*innen?
Bei der Bundestagswahl haben alle Wähler*innen zwei Stimmen: Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wählen die Wähler*innen einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus ihrem Wahlkreis („Direktwahl“). Ihre Zweitstimme geben sie der Liste einer Partei („Verhältniswahl“). Wichtiger ist die Zweitstimme, weil diese Stimme über die Verteilung der Sitze in den Parlamenten entscheidet. Dieses System wird auch „personalisierte Verhältniswahl“ genannt.
Bei den Landtagswahlen unterscheiden sich das Wahlrecht und damit auch die Anzahl der Stimmen je nach Bundesland. In den meisten Bundesländern gilt auch bei den Landtagswahlen das System der personalisierten Verhältniswahl. Die Wähler*innen haben also eine Erststimme und eine Zweitstimme.
Bei den Kommunalwahlen unterscheiden sich das Wahlrecht und damit auch die Anzahl der Stimmen je nach Bundesland.
Bei der Europawahl hat man nur eine Stimme, mit der man eine Partei wählt.
Wie läuft die Wahl ab?
Alle Wähler*innen erhalten spätestens drei Wochen vor dem Wahltag eine „Wahlbenachrichtigung“ per Post mit der Adresse des jeweiligen Wahllokals. Wahllokale werden temporär in Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden eingerichtet. Innerhalb der Wahllokale sind Wahlkabinen aufgestellt. Beim Betreten des Wahllokals fragen die Wahlhelfer*innen nach dem Namen, Ausweis und der Wahlbenachrichtigung, um die Wähler*innen aus der Liste zu streichen. So wird sichergestellt, dass jeder nur einmal wählt. Die Wähler*innen erhalten den Stimmzettel, gehen in eine der Wahlkabinen und machen ihre Kreuzchen. Die Kabinen dienen dem Sichtschutz, damit die anderen Wähler*innen nicht sehen, was gewählt wird. Wenn die Wähler*innen ihre Kreuzchen gemacht hat, falten sie den Stimmzettel zusammen und werfen ihn in die versiegelte Wahlurne.
Wichtig: Wenn Sie keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, aber wahlberechtigt sind, fragen Sie bei Ihrer Stadtverwaltung nach.
Was kann ich machen, wenn ich am Wahltag keine Zeit habe?
Wenn Sie am Wahltag nicht zur Wahl gehen können, gibt es die Möglichkeit, Briefwahl zu beantragen. Dann bekommen Sie Ihre Wahlunterlagen mit der Post zugeschickt und können sie vor dem Wahltag zuhause ausfüllen und dann zurückschicken.
Auf der Rückseite Ihrer Wahlbenachrichtigung finden Sie ein Formular und oft auch eine E-Mail-Adresse, Internetadresse oder einen QR-Code. Damit können Sie die Briefwahl beantragen. Wie das geht, erfahren Sie in unserem Video.
Was machen die Wahlhelfer*innen?
Bei den Wahlen werden viele helfende Hände benötigt. Wahlhelfer*innen können nur Leute sein, die selbst auch wahlberechtigt sind. Alle Wahlhelfer*innen arbeiten ehrenamtlich. Sie geben die Stimmzettel aus, kontrollieren, ob die Wahlberechtigten im richtigen Wahllokal sind, und zählen die Stimmen nach Schließung der Lokale aus. Wenn Sie selbst wahlberechtigt sind, können Sie sich bei Ihrem Rathaus, Bürgerbüro oder Bezirksamt vor Ort als Wahlhelfer*in anmelden.
Welche Grundsätze gelten für alle Wahlen in Deutschland?
Die Wahlen in Deutschland müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- allgemein: Alle deutschen Staatsbürger*innen dürfen wählen und gewählt werden, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.
- unmittelbar: Die Abgeordneten werden direkt oder über eine Liste gewählt und nicht über Wahlfrauen oder –männer wie z.B. in den USA.
- frei: Es gibt keine Wahlpflicht. Niemand darf gezwungen werden zu wählen.
- gleich: Jede Stimme zählt gleich viel.
- geheim: Nur das Gesamtergebnis wird veröffentlicht. Die einzelne Stimme der Wähler*innen bleibt geheim.
Was ist die "Fünf-Prozent-Hürde"?
Bei der Bundestagswahl und zum Teil auch bei den Landtagswahlen gibt es die sogenannte „Fünf-Prozent-Hürde“. Diese Regelung bedeutet folgendes: Eine Partei muss mindestens fünf Prozent der abgegebenen Wählerstimmen oder drei Direktmandate erhalten, damit sie im Parlament vertreten sein kann. Diese Regelung soll eine Zersplitterung in zu viele kleine Parteien im Parlament verhindern.
Was sind "Überhangmandate"?
Sogenannte „Überhangmandate“ sind der Grund, weshalb die Anzahl der Abgeordneten im Bundestag nach jeder Bundestagswahl unterschiedlich ist.
Die Zweitstimme der Wähler*innen regelt, wie viele Sitze einer Partei im Parlament zustehen. Erhält eine Partei aber mehr Sitze über die Erststimme, als ihr über die Zweitstimme zustehen, bekommt sie Überhangmandate. Sie darf also zusätzliche Abgeorndete in den Bundestag schicken. Damit das Kräfteverhältnis zwischen allen Parteien bestehen bleibt, erhalten die übrigen Parteien sogenannte „Ausgleichsmandate“ – sie dürfen auch zusätzliche Abgeordnete ins Parlament schicken.
Das hat zur Folge, dass die vorgesehene Anzahl von 598 Abgeordneten meistens überschritten wird. Nach der Bundestagswahl 2021 sitzen 736 Abgeordnete im Bundestag – so viele wie noch nie zuvor.
Wie viele Überhang- und Ausgleichmandate die Parteien erhalten, wird anhand komplizierter Formeln berechnet. Unser Erklärfilm zu Überhangmandaten zeigt ein einfaches Beispiel.
Wie wird die Regierung gebildet?
Wegen des speziellen Wahlsystems kann eine einzelne Partei in Deutschland nur selten alleine die Regierung bilden. Dazu müsste sie mehr als 50 % der Mandate erhalten. Darum ist ein Regierungsbündnis der Normalfall. Das heißt, das zwei oder mehr konkurrierende Parteien sich zu einer Koalition zusammenschließen und gemeinsam regieren. Deswegen machen die einzelnen Parteien schon vor den Wahlen Aussagen zu möglichen Koalitionspartnern.
Wie hoch ist die Wahlbeteiligung?
Bei jeder Wahl wird die Wahlbeteiligung gemessen, also der Anteil der Wahlberechtigten, die tatsächlich wählen gegangen sind. Die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen ist in Deutschland traditionell hoch. In den siebziger Jahren lag sie über 90 Prozent. Seit der Wiedervereinigung 1990 lag sie bei 80 Prozent. Im Jahr 2021 beteiligten sich 76,6 Prozent der Wahlberechtigten.
Wie kann ich sonst politisch aktiv werden?
Auch wenn Sie nicht selbst wählen dürfen, gibt es viele Möglichkeiten, politisch aktiv zu werden.
- Sie können sich zum Beispiel einer Bürgerinitiative anschließen. In Bürgerinitiativen werden Menschen gemeinsam für ein Anliegen aktiv, zum Beispiel für den Bau einer Straße oder den Schutz eines Parks. Nachdem das Ziel erreicht wurde, löst sich die Bürgerinitiative in der Regel wieder auf.
- Wenn Sie sich langfristig politisch engagieren wollen, könnte ein Interessensverband eine Möglichkeit sein. Hier setzen Sie sich für ein bestimmtes Thema ein, z.B. für mehr Umweltschutz oder Arbeitnehmerrechte.
- Sie können aber auch einer Partei beitreten, Partner- oder Unterorganisationen deutscher Parteien gründen oder in den Kommunen bei Migrantenorganisationen oder Integrationsbeiräten mitarbeiten. Mehr zum Thema Parteien erfahren Sie in unserem Kapitel "Politische Parteien".
Wichtig
Wenn Sie in Berlin wohnen oder dort zu Besuch sind, können Sie den deutschen Bundestag besichtigen. Dafür müssen Sie sich vorher auf www.reichstag-fuehrung.de anmelden.
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Bundeswahlleiter
Weitere Informationen über politische Parteien und den Wahlprozess finden Sie auf der Internetseite des*der Bundeswahlleiter*in.
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