Das deutsche Wahlsystem
Wie wird gewählt?
Freie Wahlen sind in einer Demokratie essenziel. Bei Wahlen können sich viele Bürger*innen, aber nicht alle, am politischen Prozess beteiligen. Wahlberechtigte wählen eine Partei und deren Kandidat*innen, weil sie deren Ziele unterstützen und so die Zukunft der Gesellschaft mitgestalten wollen.
Die Parteien, die von der Mehrheit der Wähler*innen gewählt werden, dürfen für eine Wahlperiode die Regierung bilden. Wenn die Bürger*innen mit der Politik der Regierung unzufrieden sind, können sie diese bei der nächsten Wahl wieder abwählen.
In Deutschland gibt es unterschiedliche Wahlen:
- Bundestagswahlen
- Landtagswahlen
- Kommunalwahlen
- Europawahlen
Nicht alle Menschen, die in Deutschland leben, dürfen auch wählen. Wichtigste Voraussetzung ist der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Im Falle der Kommunalwahlen und Europawahl reicht auch die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes. Mehr dazu im Abschnitt "Wer darf wählen?"
Was muss ich wissen?
Was wird gewählt?
In Deutschland gibt es unterschiedliche Wahlen: Bundestagswahlen, Landtagswahlen, Kommunalwahlen und Europawahlen.
- Bei der Bundestagswahl werden die Abgeordneten des Bundestags gewählt. Diese wählen wiederum die / den Bundeskanzler*in. Die Bundestagswahlen finden alle vier Jahre statt.
- Landtagswahlen finden alle fünf Jahre zu verschiedenen Zeiten in den 16 Bundesländern statt. Nur in Bremen wird alle vier Jahre gewählt. Die Parlamente haben unterschiedliche Namen: „Bürgerschaft“ in Hamburg und Bremen, „Abgeordnetenhaus“ in Berlin und in allen anderen Bundesländern „Landtag“.
- Bei der Kommunalwahl werden die politischen Vertreter*innen in Gemeinde- oder Stadträten und in den Landkreisen (Kreisräte) gewählt. Außerdem werden die Bürgermeister*innen und Landrät*innen in den meisten Bundesländern direkt von den Wähler*innen, in einigen jedoch durch den Kreisrat gewählt.
- Bei der Europawahl wird alle fünf Jahre das Europäische Parlament gewählt. Diese Wahl findet in allen EU-Ländern gleichzeitig statt.
Zusätzlich gibt es die Wahl zu den kommunalen Integrations- und Migrationsbeiräten. Sie vertreten die Interessen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte gegenüber der Politik und Verwaltung der Stadt/Gemeinde. In manchen Bundesländern werden sie direkt von Menschen mit einer „ausländischen“ Staatsangehörigkeit gewählt. In anderen Bundesländern wiederum werden die Mitglieder von migrantischen Vertreter*innen/Organisationen gewählt. Mehr Informationen erhalten Sie bei Ihrer Gemeinde.
Wer darf wählen?
Bei der Bundestagswahl dürfen alle Menschen wählen, die über 18 Jahre alt sind und die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Auf unserer Themenseite „Einbürgerung“ erfahren Sie mehr über die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.
Bei den Landtagswahlen dürfen alle Menschen wählen, die über 18 Jahre alt sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben. In Brandenburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg darf man bereits ab 16 Jahren wählen. Die deutsche Staatsbürgerschaft bleibt eine Voraussetzung.
Bei den Kommunalwahlen dürfen alle deutschen Staatsbürger*innen und die EU-Bürger*innen wählen, die seit mehr als drei Monaten in Deutschland leben. Das Mindestalter hängt vom einzelnen Bundesland ab. In Sachsen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern dürfen nur Personen ab 18 Jahren wählen. In den anderen Bundesländern darf man bei Kommunalwahlen schon ab 16 Jahren wählen.
Bei der Europawahl dürfen alle volljährigen EU-Bürger*innen wählen.
Gut zu wissen: Um wählen zu können, müssen Sie außerdem im Wählerverzeichnis registriert sein. In der Regel geschieht das automatisch, wenn Sie Ihren Hauptwohnsitz angemeldet haben. Wenn Sie kurz vor dem Wahltermin umziehen, sollten Sie sich bei Ihrer Gemeinde in das Wählerverzeichnis eintragen lassen.
Wer darf gewählt werden?
Gewählt werden darf der jede*r Bürger*in über 18 Jahre und mit deutscher Staatsangehörigkeit. Eine Ausnahme ist die Landtagswahl in Hessen: Wer hier gewählt werden will, muss mindestens 21 Jahre alt sein.
Wann wird gewählt?
Wahlen werden in Deutschland regelmäßig sonntags durchgeführt, weil die meisten Leute dann nicht arbeiten und Zeit haben, ins Wahllokal zu gehen. Es gibt aber auch immer die Möglichkeit schon vorab per Briefwahl zu wählen. Die Briefwahl muss von dem*der Wähler*in beantragt werden. Wie das geht, steht auf der Wahlbenachrichtigung, die alle Wähler*innen, die im Wählerverzeichnis eingetragen sind, einige Wochen vor der jeweiligen Wahl per Post zugeschickt bekommen.
Wie viele Stimmen haben die Wähler*innen?
Bei der Bundestagswahl haben alle Wähler*innen zwei Stimmen: Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wählen Sie eine*n Kandidat*in aus ihrem Wahlkreis („Direktwahl“). Ihre Zweitstimme geben sie der Liste einer Partei („Verhältniswahl“). Wichtiger ist die Zweitstimme, weil diese Stimme über die Verteilung der Sitze in den Parlamenten entscheidet. Dieses System wird auch „personalisierte Verhältniswahl“ genannt.
Gut zu wissen: Das Wahlgesetz wurde im März 2023 reformiert. Dabei wurde die Anzahl der Abgeordneten im Bundestag auf 630 begrenzt. Deshalb kann es in Zukunft vorkommen, dass nicht alle Direktkandidat*innen, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten haben, in den Bundestag einziehen.
Bei den Landtagswahlen unterscheiden sich das Wahlrecht und damit auch die Anzahl der Stimmen je nach Bundesland. In den meisten Bundesländern gilt auch bei den Landtagswahlen das System der personalisierten Verhältniswahl. Die Wähler*innen haben also eine Erststimme und eine Zweitstimme.
Bei den Kommunalwahlen unterscheiden sich das Wahlrecht und damit auch die Anzahl der Stimmen für Wähler*innen je nach Bundesland.
Bei der Europawahl hat man nur eine Stimme, mit der man eine Partei wählt.
Wie läuft die Wahl ab?
Alle Wähler*innen erhalten vier bis sechs Wochen vor einer Wahl, spätestens aber drei Wochen vor dem Wahltag, eine „Wahlbenachrichtigung“ per Post mit der Adresse des jeweiligen Wahllokals. Wahllokale werden temporär in Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden eingerichtet. Innerhalb der Wahllokale sind Wahlkabinen aufgestellt. Beim Betreten des Wahllokals fragen die Wahlhelfer*innen nach dem Namen, dem Ausweis und der Wahlbenachrichtigung. So können sie die Wahlberechtigung mit dem Wählerverzeichnis abgleichen und sicherstellen, dass jede Person nur einmal wählt.
Die Wähler*innen erhalten den oder die Stimmzettel, gehen in eine der Wahlkabinen und machen ihre Kreuzchen. Die Kabinen dienen dem Sichtschutz, damit die anderen Wähler*innen nicht sehen, was gewählt wird. Wenn die Wähler*innen ihre Kreuzchen gemacht haben, falten sie den Stimmzettel zusammen und werfen ihn in die versiegelte Wahlurne.
Wichtig: Wenn Sie keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, aber wahlberechtigt sind, sollten Sie bei Ihrer Gemeinde oder Stadtverwaltung nachfragen und Ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragen.
Was kann ich machen, wenn ich am Wahltag keine Zeit habe?
Wenn Sie am Wahltag nicht zur Wahl gehen können, gibt es die Möglichkeit Briefwahl zu beantragen. Dann bekommen Sie Ihre Wahlunterlagen mit der Post zugeschickt und können sie vor dem Wahltag zuhause ausfüllen und dann per Post zurückschicken oder persönlich in Ihrer Gemeinde vorbeibringen. Dafür holen Sie vor dem Wahltermin Ihre Briefwahlunterlagen bei der zuständigen Behörde Ihrer Gemeinde ab und wählen direkt vor Ort.
Auf der Rückseite Ihrer Wahlbenachrichtigung finden Sie ein Formular und oft auch eine E-Mail-Adresse, Internetadresse oder einen QR-Code. Damit können Sie die Briefwahl beantragen. Wie das geht, erfahren Sie in unserem Video.
Kann ich auch aus dem Ausland wählen?
Wer die deutsche Staatsangehörigkeit hat und im Ausland lebt oder temporär im Ausland ist, hat die Möglichkeit bei der Bundestagswahl zu wählen.
Sie leben dauerhaft im Ausland, dann sind Sie wahlberechtigt:
- wenn Sie nach Ihrem 14. Lebensjahr mindestens 3 Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben. Der Aufenthalt darf nicht länger als 25 Jahre zurückliegen.
ODER - wenn Sie „aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben haben und von ihnen betroffen sind.“ Das können Ortskräfte im Ausland sein und Personen, die im Ausland leben und zum Arbeiten nach Deutschland pendeln.
Um wählen zu können, müssen Sie sich in das Wählerverzeichnis eintragen lassen. Mehr Informationen erhalten Sie auf der Website der Bundeswahlleiterin.
Sie sind zum Zeitpunkt des Wahltermins temporär im Ausland:
Sie sind temporär im Ausland, z. B. weil Sie im Urlaub sind, wählen Sie per Briefwahl. Mehr Informationen zur Briefwahl finden Sie im Abschnitt „Was kann ich machen, wenn ich am Wahltag keine Zeit habe?“
Was machen die Wahlhelfer*innen?
Bei den Wahlen werden viele helfende Hände benötigt. Wahlhelfer*innen können nur Leute sein, die selbst auch wahlberechtigt sind. Alle Wahlhelfer*innen arbeiten ehrenamtlich. Sie kontrollieren, ob die Wahlberechtigten im richtigen Wahllokal sind, geben die Stimmzettel aus und zählen die Stimmen nach Schließung der Lokale aus. Wenn Sie selbst wahlberechtigt sind, können Sie sich bei Ihrem Rathaus, Bürgerbüro oder Bezirksamt vor Ort als Wahlhelfer*in bewerben.
Welche Grundsätze gelten für alle Wahlen in Deutschland?
Die Wahlen in Deutschland richten sich an diesen Regeln:
Sie sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim. Das bedeutet im Einzelnen:
- allgemein: Alle deutschen Staatsbürger*innen dürfen wählen und gewählt werden, wenn Sie das Mindestalter für die Wahl (18 Jahre oder bei Landtagwaglen und Kommunalwahlen in manchen Bundesländern 16 Jahre) haben.
- unmittelbar: Die Abgeordneten werden direkt oder über eine Liste gewählt und nicht über Wahlfrauen oder –männer wie z.B. in den USA.
- frei: Es gibt keine Wahlpflicht. Niemand darf gezwungen werden zu wählen.
- gleich: Jede Stimme zählt gleich viel.
- geheim: Nur das Gesamtergebnis wird veröffentlicht. Die einzelne Stimme der Wähler*innen bleibt geheim.
Was ist die "Fünf-Prozent-Hürde"?
Bei der Bundestagswahl und zum Teil auch bei den Landtagswahlen gibt es die sogenannte „Fünf-Prozent-Hürde“. Diese Regelung bedeutet folgendes: Eine Partei muss mindestens fünf Prozent der abgegebenen Wählerstimmen oder drei Direktmandate erhalten, damit sie im Parlament vertreten sein kann. Diese Regelung soll eine Zersplitterung in zu viele kleine Parteien im Parlament verhindern.
Wie wird die Regierung gebildet?
Wegen des speziellen Wahlsystems kann eine einzelne Partei in oft nicht alleine die Regierung bilden. Dazu müsste sie mehr als 50 % der Mandate erhalten. Darum ist ein Regierungsbündnis (Koalitionsregierung) der Normalfall. Das heißt, dass zwei oder mehr konkurrierende Parteien sich zu einer Koalition zusammenschließen und gemeinsam regieren. Deswegen machen die einzelnen Parteien manchmal schon vor den Wahlen Aussagen zu möglichen Koalitionspartnern.
Wie hoch ist die Wahlbeteiligung?
Bei jeder Wahl wird die Wahlbeteiligung gemessen, also der Anteil der Wahlberechtigten, die tatsächlich wählen gegangen sind. Die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen ist in Deutschland relativ hoch. In den siebziger Jahren lag sie über 90 Prozent. Seit der Wiedervereinigung 1990 lag sie bei 80 Prozent. Im Jahr 2021 beteiligten sich 76,6 Prozent der Wahlberechtigten.
Wie kann ich sonst politisch aktiv werden?
Auch wenn Sie nicht selbst wählen dürfen, gibt es viele Möglichkeiten, politisch aktiv zu werden.
- Sie können sich zum Beispiel einer Bürgerinitiative anschließen. In Bürgerinitiativen werden Menschen gemeinsam für ein Anliegen aktiv, zum Beispiel für den Bau einer Straße oder den Schutz eines Parks. Nachdem das Ziel erreicht wurde, löst sich die Bürgerinitiative in der Regel wieder auf.
- Wenn Sie sich langfristig politisch engagieren wollen, könnte ein Interessenverband eine Möglichkeit sein. Diese setzen sich für ein bestimmtes Thema ein, z.B. für mehr Umweltschutz oder Arbeitnehmerrechte.
- Sie können aber auch einer Partei beitreten, Partner- oder Unterorganisationen deutscher Parteien gründen oder in den Kommunen bei Migrantenorganisationen oder Integrationsbeiräten mitarbeiten. Mehr zum Thema Parteien erfahren Sie in unserem Kapitel "Politische Parteien".
Wichtig
Wenn Sie keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, aber wahlberechtigt sind, sollten Sie bei Ihrer Gemeinde oder Stadtverwaltung nachfragen und Ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragen.
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Weitere Informationen über politische Parteien und den Wahlprozess finden Sie auf der Internetseite des*der Bundeswahlleiter*in.
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