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Häusliche Gewalt

Was kann ich tun?

Wenn Ihnen Familienmitglieder, Bekannte oder andere Personen, mit denen Sie zusammenleben oder zusammengelebt haben, physisch, sexuell oder psychisch Gewalt antun, spricht man von häuslicher Gewalt. Häusliche Gewalt findet meist in der Wohnung statt, kann aber auch an anderen Orten passieren. Viele denken bei häuslicher Gewalt an physische Gewalt, also sexuelle Misshandlungen oder Schläge. Aber häusliche Gewalt hat noch weitere Formen: Wenn Sie beleidigt, beschimpft, bedroht oder kontrolliert werden, ist das ebenfalls häusliche Gewalt. Auch Stalking, also, wenn Sie verfolgt und beobachtet werden, kann eine Form von häuslicher Gewalt sein.

Jede Form von Gewalt ist in Deutschland strafbar. Das bedeutet, dass die Polizei sich einschalten muss, wenn sie von Ihnen oder Zeug*innen davon erfährt.

Wenn Sie Opfer von häuslicher Gewalt sind, sind Sie nicht allein. Studien zeigen z.B., dass jede vierte Frau in Deutschland häusliche Gewalt erlebt. Für viele Opfer von häuslicher Gewalt ist es schwierig sich mit ihren Erfahrungen an die Polizei oder eine Beratungsstelle zu wenden. Sie schämen sich und hoffen, dass sich die Situation ändert und die gewalttätige Person sich beruhigt und nicht weiter gewalttätig ist. Meistens ist es aber so, dass die Schwere der Gewalt eher zunimmt und die Abstände zwischen den einzelnen Gewaltausbrüchen kürzer werden.

Es gibt in Deutschland zahlreiche Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt. Scheuen Sie sich nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Was muss ich wissen?

Wenn Sie akut in Gefahr sind, können Sie die Polizei unter der Nummer 110 anrufen. Die Polizei wird Sie nach Ihrem Namen, Ihrer Adresse und nach Ihrem Problem fragen und dann sofort jemanden zu Ihnen schicken, der Sie (und Ihre Kinder) beschützt. Leider spricht die Notrufzentrale der Polizei in der Regel nur Deutsch. Mehr zum Thema Polizei erfahren Sie in unserem Kapitel "Polizei". Wenn Sie selbst kein Deutsch sprechen, rufen Sie stattdessen das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ an. Die Mitarbeiterinnen dort sind rund um die Uhr erreichbar und sprechen viele Sprachen. Sie erreichen die Mitarbeiterinnen unter der Nummer 08000 116 016.

Sie können auch später noch zur Polizei gehen und eine Anzeige erstatten. Wenn Sie nicht allein gehen möchten, können Sie sich auch von Freund*innen oder einem Anwält*innen begleiten lassen. Sie können auch einen Dolmetscher mitbringen. Ansonsten wird die Polizei einen Dolmetscher für Sie finden. Lassen Sie Ihre Verletzungen aber am besten direkt nach der Tat von einem Arzt untersuchen und attestieren, damit Sie Beweise haben. Fotos sind auch sehr nützlich. Es gibt einige Anlaufstellen, die Ihre Verletzungen anonym und kostenlos untersuchen und attestieren. Fragen Sie die Mitarbeiter des Opfervereins WEISSER RING nach einer solchen Anlaufstelle in Ihrer Nähe. Die Mitarbeiter des Vereins sind unter der Nummer 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr für Sie da. Sie sprechen Deutsch und Englisch. Die Beratung ist kostenlos und anonym.

Wenn Sie keine Anzeige erstatten wollen oder Sie noch nicht sicher sind, ob Sie eine Anzeige erstatten wollen oder Sie einfach jemanden zum Reden brauchen, können Sie sich an eine Beratungsstelle wenden. Beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ können Sie sich rund um die Uhr in vielen Sprachen anonym und kostenlos beraten lassen. Sie erreichen die Mitarbeiterinnen unter der Nummer 08000 116 016. Unter www.frauen-gegen-gewalt.de und frauenhauskoordinierung.de können Sie außerdem nach einer Beratungsstelle in Ihrer Sprache und Nähe suchen.

Wenn Sie sich in Ihrer Wohnung oder Ihrer Unterkunft nicht mehr sicher fühlen, können Sie auch in ein sogenanntes „Frauenhaus“ gehen. Ein Frauenhaus ist ein Haus, in dem von Gewalt betroffene Frauen (und ihre Kinder) Schutz finden können. Sie können dort wohnen bis sich ihre Situation geklärt hat. Die Adressen sind geheim, das heißt, dass niemand Sie dort finden kann. Es gibt leider nicht überall Frauenhäuser und manchmal ist kein Platz frei, aber die Mitarbeiterinnen dort helfen Ihnen auf jeden Fall weiter. Auf frauenhauskoordinierung.de können Sie nach einem Frauenhaus in Ihrer Nähe suchen. Oder Sie fragen telefonisch beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ nach einem Frauenhaus in Ihrer Nähe. Die Mitarbeiterinnen des Hilfetelefons sind rund um die Uhr und in vielen Sprachen für Sie da. Sie erreichen das Hilfetelefon unter der Nummer 08000 116 016.

    Die Polizei kann der gewalttätigen Person für mehrere Tage verbieten Ihre Wohnung zu betreten. Es ist dabei egal, wem die Wohnung gehört. Das heißt, dass die Polizei auch den Hauptmieter der Wohnung für mehrere Tage aus der Wohnung werfen kann. Dieser sogenannte „Wohnungsverweis“ soll Ihnen die Möglichkeit geben, sich in Ruhe beraten zu lassen und Unterstützung zu suchen. Wenn sich der Täter nicht an das Verbot hält, sollten Sie die Polizei informieren. Der Täter muss dann entweder eine Geldstrafe bezahlen oder wird für einige Tage inhaftiert.

    In einigen Bundesländern kann die Polizei der gewalttätigen Person auch verbieten für einige Tage in Ihre Nähe zu kommen oder Sie anzurufen oder Ihnen zu schreiben. Fragen Sie die Polizei nach diesen Möglichkeiten.

      Sie können eine sogenannte „Schutzanordnung“ beim Familiengericht beantragen. Das Familiengericht kann dem Täter dann das Betreten der gemeinsamen Wohnung auch langfristig (bis zu 6 oder 12 Monate) verbieten. Das gibt Ihnen die Möglichkeit Ihre Angelegenheiten zu regeln und gegebenenfalls eine neue Wohnung zu finden. Es kann dem Täter auch verbieten in Ihre Nähe zu kommen oder Sie zu kontaktieren. Die Schutzanordnung können Sie persönlich beim für Sie zuständigen Familiengericht beantragen oder Anwält*innen damit beauftragen. Auf justiz.de finden Sie das für Sie zuständige Familiengericht. Anwält*innen finden Sie auf anwaltauskunft.de.

      Wenn sich der Täter nicht an das Verbot hält, sollten Sie die Polizei informieren. Die Polizei ist über die Schutzanordnung des Gerichts informiert und wird Ihnen sofort helfen. Der Täter muss dann entweder eine Geldstrafe bezahlen oder wird bis zu einem Jahr inhaftiert.

      Wenn Sie gemeinsame Kinder mit dem Täter haben und eine Schutzanordnung beantragen möchten, bitten Sie das Jugendamt oder Anwält*innen um Hilfe. Das Gericht kann das Umgangsrecht des Täters mit dem Kind aussetzen oder einschränken. Dann darf der Täter das Kind gar nicht mehr oder nur noch unter Aufsicht einer dritten Person (z.B. des Jugendamts) sehen. Auf anwaltauskunft.de finden Sie einen Anwalt. Das für Sie zuständige Jugendamt finden Sie auf jugendaemter.de. Mehr zum Thema Jugendamt erfahren Sie in unserem Kapitel "Jugendamt".

      Bitte beachten Sie: Für die Beantragung einer Schutzanordnung müssen Sie in der Regel Geld bezahlen. Wenn Sie wenig oder kein Geld verdienen, haben Sie aber vielleicht Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe. Informieren Sie sich dazu bei einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe. Eine Beratungsstelle finden Sie auf weisser-ring.de.

        Sie sind nicht verpflichtet sich eine Anwältin oder einen Anwalt zu nehmen, es ist aber oft sinnvoll. Vor allem, wenn es vor Gericht geht, können Anwält*innen Ihre Interessen vertreten und Ihnen bei der Befragung durch die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Seite stehen. Auf anwaltauskunft.de finden Sie einen Anwalt.

        Ein Anwalt kostet allerdings Geld. Beim Opferverein WEISSER RING bekommen Opfer einen Gutschein für ein kostenloses erstes Beratungsgespräch durch eine Anwältin oder einen Anwalt. Die Mitarbeiter*innen des Vereins sind unter der Nummer 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr für Sie da. Sie sprechen Deutsch und Englisch. Die Beratung ist kostenlos und anonym. Sie können mit Hilfe einer Beratungsstelle außerdem versuchen beim Gericht einen sogenannten „Opferanwalt“ zu beantragen. Wenn das Gericht Ihren Antrag annimmt, müssen Sie den Anwalt oder die Anwältin nicht selbst bezahlen. Auf weisser-ring.de finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe.

          Kinder leiden sehr, wenn sie in ihrer Familie Gewalt beobachten oder erfahren müssen. Sie fühlen sich hilflos und versuchen oft vergeblich ihren Eltern zu helfen. Viele Kinder werden durch die häusliche Gewalt schwer traumatisiert und brauchen Hilfe. Als erste Anlaufstelle können Kinder montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr das Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ unter der der Nummer 0800 111 0333 anrufen. Der Anruf ist kostenlos und auf Wunsch anonym. Unter der Nummer 0800 111 0111 oder der Nummer 0800 111 0222 können sie bei der Telefonseelsorge sogar rund um die Uhr kostenlos und anonym mit den Mitarbeiter*innen über ihre Probleme sprechen. Unter www.youth-life-line.de haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit sich online beraten zu lassen. Außerdem können sie sich jederzeit an einen Jugendmigrationsdienst in ihrer Nähe oder das zuständige Jugendamt wenden. Das für Sie zuständige Jugendamt finden Sie auf familienportal.de

            Auch Männer können Opfer von häuslicher Gewalt sein. Unabhängig davon, ob Sie hetero- oder homosexuell sind, können Sie sich auch als Mann an das Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS unter der Nummer 116 006 wenden. Die Mitarbeiter*innen dort sind täglich von 7 bis 22 Uhr für Sie da. Sie sprechen Deutsch und Englisch. Die Beratung ist kostenlos und anonym. Sie können sich auch an eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe wenden. Eine Beratungsstelle finden Sie auf weisser-ring.de.

            Mittlerweile gibt es auch für von Gewalt betroffene Männer sogenannte „Männerhäuser“.

            Ein Männerhaus ist ein Haus, in dem von Gewalt betroffene Männer Schutz finden können. Sie können dort wohnen bis sich ihre Situation geklärt hat. Die Adressen sind geheim, das heißt, dass niemand Sie dort finden kann. Es gibt leider nicht viele Männerhäuser in Deutschland. Fragen Sie beim bundesweiten Opfer-Telefon unter der Rufnummer 116 006 nach einem Männerhaus in Ihrer Nähe. Die Mitarbeiter*innen des Opfer-Telefons sind täglich von 7 bis 22 Uhr für Sie da. Die Beratung ist kostenlos und anonym.

              Oft hören Nachbar*innen lautstarken und gewalttätigen Streit in der Nachbarswohnung. Oder eine Freundin bemerkt Verletzungen und macht sich Sorgen. Es ist gut, wenn Sie sich in so einem Fall einmischen. Wenn Sie eine konkrete Gefahr vermuten, können Sie direkt die Polizei anrufen. Die Polizei erreichen Sie auf Deutsch Tag und Nacht unter der Nummer 110. Machen Sie sich keine Sorgen: Sollte es ein Fehlalarm sein und doch alles in Ordnung sein, wird Ihnen nichts passieren. Es ist besser, einmal zu oft anzurufen als einmal zu wenig. Die Polizei wird Ihren Namen nicht weitergeben.

              Wenn Sie kein Deutsch sprechen oder Sie sich zunächst beraten lassen möchten, können Sie beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ anrufen. Die Mitarbeiterinnen sind rund um die Uhr in vielen Sprachen für Sie da. Sie können auch anonym bleiben. Die Mitarbeiter*innen hören Ihnen zu und suchen gemeinsam mit Ihnen nach einer Lösung für das Opfer. Sie erreichen die Mitarbeiterinnen unter der Nummer 08000 116 016. Die Beratung ist kostenlos.

                Wichtig

                Wenn Sie mit dem Täter oder der Täterin verheiratet sind, haben Sie das Recht, sich ohne Einhaltung des Trennungsjahrs scheiden zu lassen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Kapitel „Scheidung“.

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